fahrrad.ulliwerner.de

Wald-, Wiesen- und Lastenradler. Kassel.

Sommerrunde 2023 – Über den Rennsteig

Die Streckenlängen des sommerlichen Großeltern-Hoppings wurden immer kürzer die Touren jedoch nicht unbedingt einfacher. Denn bei Teil Zwei meiner Sommerrunde lag zwischen Start und Ziel immerhin der Thüringer Wald. Streckenlänge und Höhenmeter jedoch im bekannten Bereich und diesmal auch keine Sturmwarnung.

Der Wetterbericht für den geplanten Reisetag schwankte seit einigen Tagen und am frühen Morgen war im Halbschlaf noch ein kräftiger Schauer zu hören. Und so machte ich mich wieder nur kurz nach den letzten Regentropfen auf den Weg. Wolkenverhangener Himmel spiegelte sich in den zahlreichen Pfützen. Dazu zahlreiche Schüsse aus dem Wald. Ich bin regelmäßig überrascht, wenn man sich über schmale Wege durch den Wald arbeitet und dann unerwartet wieder mitten in der Zivilisation steht. Diesmal war es ein Polizei-Schießstand hinter Troistedt. Die offizielle und asphaltierte Zufahrt von der anderen Seite des Berges sorgte dann für eine schöne Abfahrt. Im Tal angelangt, kämpften sich auch erste Sonnenstrahlen durch die Wolkendecke. Es gab viele feine Schotterwege, der Regenschauer vor der Abfahrt hat jedoch dafür gesorgt, dass auch auf kurzen Passagen ordentlich Dreck am Fahrrad landete.

Nach etwa 26 km wollte ich den Friedhof in Witzleben nutzen um meine Flaschen auf zu füllen. Das typische „Kein Trinkwasser“ Schild fehlte zwar, die Installation machte aber trotzdem keinen vertrauenserweckenden Eindruck auf mich. Kein Problem, das Wasser war noch nicht knapp und in den kommenden zehn Kilometern standen noch zwei Verpflegungspunkte auf dem Plan. In Stadtilm hätte ich gerne einen Supermarkt für die Frühstückspause genutzt. Leider wurde mir zu spät bewusst, dass ich gerade an Stadtilm vorbei fahre. Der nächste Friedhof in Niederwillingen sah ähnlich aus wie der erste, hatte aber das Schild „Kein Trinkwasser“. Mist. Direkt hinter der Friedhofstür erblickte ich durch ein offenes Fenster jedoch erst den Wasserhahn und dann die freundliche Bewohnerinn des Hauses. Wasser: Check. Die Straße runter tauchte dann auch noch unverhofft ein Dorfladen auf. Gerade geschlossen. Das Obstregal stand jedoch vertrauensvoll vor der Tür. Also Äpfel gegen Kleingeld getauscht und so gab es auf einer schattigen Bank mit frischem Wasser endlich die ersehnte Frühstückspause. Für mich echtes Abenteuerfeeling!

Nicht weit neben der Autobahn A71 führte mich die Route weiter nach Ilmenau. Ein Industriegebiet, die Ilmenauer Teiche, den Campus und ein Wohngebiet. Das nahm ich von der Stadt mit. Danach direkt wieder in den Wald. Während ich mich an einer Abzweigung fragte, ob hier nicht bald das angepeilte Restaurant kommen müsste, stieß ein älteres Ehepaar dazu und fragte sich, ob der Waldweg hinter dem Flatterband nicht zu matschig für ihre Pedelecs ist. Ich schlug Fahrrad waschen vor. Sie wussten, links runter, warme Küche nur bis 14 Uhr. 13:50 Uhr. Und so sahen wir uns kurze Zeit später wieder im Restaurant Schortemühle. Der matschige Forstweg konnte offensichtlich nicht überzeugen. Wie schon am Hainich hatte ich mir wieder Wanderhütten- und Wirtshauscharme erhofft. Tatsächlich gab es Pizza, Pasta und die abgedrehtesten Toiletten die ich in meinem Leben gesehen habe. Wow.

Mit dem matschigen Waldweg begann für mich der Aufstieg zum Rennsteig. Es war matschig, die schweren Forstmaschinen waren fleißig gewesen und mir fehlten ein, zwei kleine Gänge. Alles was nach dem Mittagessen motiviert. Aber es war wirklich schön. Irgendwann überholte mich ein Vater-Tochter-Duo auf dem MTB und andere Menschen auf dem Rad in sichtbarer Entfernung motivieren dann doch. Und da man ohne kleine Gänge auch schlecht langsam fahren kann, kamen wir letztendlich doch fast gleichzeitig oben an. Für die verbleibende Strecke zum Bahnhof Rennsteig gab es dann auch wieder mehr Schotter statt Matsch. Und was für eine Aussicht!

Der Rennsteig und der Bahnhof Rennsteig, als höchster Kopfbahnhof Thüringens, waren auch der höchst gelegene Punkt meiner Tour. 747 Meter. Es konnte also mit dem Genussteil der Tour beginnen. Rasant ging es hinab nach Schmiedefeld und im Anschluss auf dem Bergrücken und durch den Wald in Richtung Schleusingen. Es rollte gut und gab immer wieder schöne Fernsichten. Am Supermarkt in Schleusingen dann noch einmal Verpflegungspause. Ich plädiere sehr dafür, Zetti Knusper Flocken als feste Tourenverpflegung zu etablieren und bundesweit verfügbar zu machen. Lecker, Lecker, Mjam, Mjam, Mjam.

Wasser ging bei meinem Versorgungsstop irgendwie unter, aber da kam ja gleich noch der Friedhof. Wieder ein enttäuschender Friedhof. Per Schwimmer wurden die Becken für die Gießkannen ganz automatisch befüllt, an den Hahn selbst ist jedoch kein herankommen. Ich plädiere auch für endlich mehr öffentliche Trinkbrunnen in Deutschland. Aber hey, nur noch 35 km bis zum Ziel. Das ist nur noch eine Feierabendrunde. Dafür reichen die Reserven doch aus und extra Motivation gibt es gratis dazu.. Wie es so ist, gibt es dann aber oft doch noch einen Haken. Einen sehr schönen jedoch. Hinter Schleusingen ging es wieder hoch in den Wald. Es wurde steiler, es wurde ausgewaschener. Am späten Nachmittag also Zeit zum schieben. Es ging durch ein wunderschönes Fleckchen Erde. Ein ausgewaschener Weg, Nadelwald, Heidelbeeren. Alles von der Nachmittagssonne verzaubert. Oben angekommen ging es, idyllisch an zu sehen, hinunter zum kleinen Örtchen Neuendambach. Unten angekommen ging es hinauf zur Heide im Hildburghäuser Stadtwald. Zu DDR-Zeiten militärisches Übungsgelände, heute FFH-Schutzgebiet.

Hinter Hildburghausen zeigte sich wieder, dass die großen, durch die Kollektivierung entstandenen Ackerflächen nicht immer viel Platz für schöne Wirtschaftswege lassen. Aber egal. Die Namen der Ortschaften klangen immer vertrauter und die verbleibenden Kilometer auf dem Wahoo schrumpften mit den letzten Kräften. Einen Abstecher auf den ehemaligen Kolonnenweg hinter Linden sparte ich mir. Den Thüringer Wald mit Muskelkraft überwunden, rollte ich durchaus stolz in Trappstadt ein. Das Ortsschild-Siegerfoto musste leider entfallen. Denn genau in diesem Moment verabschiedete sich der Handyakku…

Danke für die Routenplanung wieder an bikerouter.de („m11n“, beta)