Zusammen mit Jutta und Thomas habe ich für die Kasseler Radwoche 2025 einen Overnighter angeboten. Wir wollten damit vor allem Leute ansprechen, die bisher wenig mit dem Thema Bikepacking zu tun hatten und es einfach mal ausprobieren wollten. Anscheinend haben wir unsere Zielgruppe erreicht, denn wir konnten mit einer netten bunten Gruppe starten.
Die Wettervorhersage hatte ich schon seit Tagen verfolgt, als ich am Samstag voller Aufregung und Vorfreude das Haus verließ. Das meine Flaschen fehlten bemerkte noch in der Wohnung, das ich mein Handtuch vergessen habe vor der Haustür und das ich meine Kette nicht geschmiert habe erst auf halber Strecke zum Treffpunkt. Bei strahlendem Sonnenschein erwartete mich Thomas bereits am Science Park auf dem Nordcampus der Universität. Die spannende Frage war natürlich: Wer kommt? Zwei Männer und drei Frauen hatten sich angemeldet und trudelten nach und nach ein. Auf Gravelbikes und Trekkingrädern, mit geliehenen Taschen oder geliehenen Rädern, noch im Studium oder schon im Ruhestand. Unter der Leitung von Thomas starteten wir mit einer Vorstellungs- und Kennenlernrunde. Letzte Fragen zur Tour und Ausrüstung konnten geklärt werden. Und bevor es gegen 11 Uhr losging, bot der Science Park noch einmal frisches Wasser, Toiletten und einen abschließbaren Raum für überschüssiges Gepäck.
Vom Universitätsgelände schlängelten wir uns hinunter zur Fulda. Im Gegensatz zu den La Forêt-Ausfahrten fuhr ich diesmal an der Spitze der Gruppe. Auch die Strecke hatte tatsächlich niemand auf dem Radcomputer oder Handy am Lenker. Eine neue Situation für mich im dichten Stadtgetümmel. Es galt auch erstmal das Tempo der einzelnen Teilnehmer*innen einzuschätzen. Immer an der Fulda entlang ging es bis Bergshausen und dann steil bergauf Richtung Söhrewald und endlich runter vom Asphalt.

Ich habe lange über die Routenplanung nachgedacht. Das Leistungsniveau einer unbekannten Gruppe ist immer eine Überraschung und die Höhenmeter wiegen mit Gepäck doppelt so schwer. Aber von Kassel nach Eiterhagen muss man über den Berg und so ging es zunächst 10 km bergauf. Immer wieder gab es kurze Pausen, um die Gruppe wieder zusammenzuführen. Die Stimmung blieb stabil und wir hatten ein (Zwischen-) Ziel: Mittagspause am Michelskopfsee. Schön war es dort! Und nachdem alle ihre Pausenboxen geleert hatten, war noch Zeit für einen Sprung ins kalte (!) Nass.





Nach dem Michelskopfsee war es endlich Zeit für die wohlverdiente Abfahrt. Ich startete rasant und wartete an der ersten Kreuzung auf den Rest der Gruppe. Das Wiederanfahren gestaltete sich allerdings schwierig, denn so sehr ich auch kurbelte, es ging nicht wirklich vorwärts. 500 m Abfahrt hatten offensichtlich gereicht, um dem Freilauf den Rest zu geben. Die Kurbel drehte sich frei in beide Richtungen. Ein Schock für mich und ich drehte die Kassette am ausgebauten Hinterrad eine Weile nur hin und her. Die einfache Antriebstechnik eines Fahrrades im Innersten gestört. Der Defekt war unterwegs nicht zu beheben und ich sah mich schon in der Straßenbahn nach Hause fahren. Doch die Situation entwickelte sich für mich zu einem sehr positiven Gruppenerlebnis. Denn während ich noch apathisch die Ritzel drehte, wurden um mich herum bereits Lösungen erdacht. Thomas Freundin Hanna war bereits mit Hund Julio im Auto auf dem Weg zum Waldhaus, um uns für den Abend und die Nacht Gesellschaft zu leisten. Ein Servicewagen war also schon gefunden. Und zur nächsten asphaltierten Straße? Da wurde ich einfach abgeschleppt! Sehr passend ging es die ca. 5,5 km nach Eschenstruth bergab und als Abschleppseil diente die Aufhängung meiner Hängematte. In Eschenstruth gab es noch einen Verpflegungsstopp bei Tante Enso, bevor ich mich vorerst von der Gruppe verabschiedete.


Am Waldhaus angekommen, wurde Feuerholz gesucht und mit dem Gemüseschneiden begonnen, bis ich das Hauptfeld am Tagesziel wieder begrüßen konnte. Das Ankommen ging in ein entspanntes Gewusel über in dem alle mal am Feuer, dem Abendessen oder ihrer Unterkunft für die Nacht mitwirkten. Thomas hatte hervorragend organisiert und vorbereitet und so zauberten wir ein leckeres Curry über dem offenen Feuer. Dazu gab es Glutbrot. Der strahlend blaue Himmel wechselte zu einem klaren Sternenhimmel und auf der anderen Seite des Tals ging der Vollmond über den Baumwipfeln auf. Die Erlebnisse und Anstrengungen des Tages hatten alle sichtlich erschöpft und so ging es bald für alle ins Zelt, in die Hängematte, unter das Tarp oder einfach auf das Lammfell.




Als ich am Morgen aus meiner Hängematte schaute, hatte sich der Himmel zugezogen. Die Sonne kämpfte sich mühsam durch das Grau und es roch schon nach neuem Feuer. Zum Frühstück gab es Porridge vom Feuer mit allerlei leckeren Zutaten. Für die anderen hieß es, sich für die ersten Kilometer der Rückfahrt zu stärken. Nach dem Frühstück führte uns Thomas noch durch eine gemeinsame Abschlussrunde. Nachdem alle ihre Sachen gepackt hatten und wir noch ein kaputtes Schaltwerk für die letzten Höhenmeter fit gemacht hatten, verabschiedete ich mich wieder von der Gruppe, um mit Hanna und Julio zurück nach Kassel zu fahren. Frisch geduscht und mit einem anderen Rad ließ ich es mir natürlich nicht nehmen, die anderen wieder am Science Park zu begrüßen. Und nachdem Thomas, Jutta und ich noch ein paar Gedanken zur Planung und Durchführung der Veranstaltung ausgetauscht hatten, störte uns auch der einsetzende Regen nicht mehr.

Von der Idee über die Planung bis hin zur Durchführung war es eine schöne Erfahrung. Jeder konnte seinen Teil zum großen Puzzle beitragen. Vielen Dank an alle Beteiligten!